
Das zeigt sich bei Betriebsprüfungen immer wieder: Die Rückstellungen für Gewährleistungen werden vernachlässigt. Die Folge: Entweder werden zu geringe Rückstellungen gebildet, sodass der Gewinn und damit auch die Steuerlast höher ausfallen als notwendig. Oder aber Sie bilden zu hohe Rückstellungen, die die Betriebsprüfer dann kürzen, sodass kräftige Steuernachzahlungen fällig werden.
Mängelgewährleistungsrechte der Kunden
Ihr Unternehmen muss als Hersteller bzw. Verkäufer dafür sorgen, dass innerhalb der gesetzlichen bzw. vertraglichen Garantiezeit der gelieferte Gegenstand (z. B. Fahrzeug) bzw. die erbrachte Leistung nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Nutzbarkeit des Gegenstands zu seinem gewöhnlichen oder vertraglich zugesicherten Gebrauch mindern. Kommen Sie dieser Verpflichtung nicht nach, stehen Ihren Kunden Mängelgewährleistungsrechte zu.
Rückstellungen für eine bereits erfolgte oder drohende Inanspruchnahme aus Garantie- oder Gewährleistungsfällen sind in der Handelsbilanz und in der Steuerbilanz zu bilden, falls zum Bilanzstichtag hinreichend wahrscheinlich ist, das Sie vom Kunden in Anspruch genommen werden. Sind Sie noch keinen Gewährleistungsansprüchen ausgesetzt, setzt eine Rückstellung voraus, dass die Inanspruchnahme aus einer bestehenden Garantie zumindest ernsthaft droht.
¡Achtung!
Theoretisch müssen Sie bei jedem Kunden damit rechnen, dass er seine Gewährleistungsrechte ausübt. Dieses allgemeine Risiko besteht aber bei jedem einzelnen Auftrag und reicht nicht für die Vornahme einer Rückstellung. Vielmehr muss sich zum Bilanzstichtag konkret abzeichnen, dass ein bestimmter Kunde Garantieleistungen in Anspruch nimmt. |
Für die Bildung der Rückstellung spielt es keine Rolle, ob Sie gesetzlich oder vertraglich zur Gewährleistung verpflichtet sind. Erfasst werden Verpflichtungen zu(r)
- kostenlosen Nacharbeiten
- Ersatzlieferung,
- Minderung des Kaufpreises,
- Erstattung des Kaufpreises nach Rücktritt vom Vertrag und Schadensersatzzahlung.
Praxis-Tipp
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Einzelrückstellungen oder Pauschalansatz?
Unterscheiden Sie diese 2 Rückstellungsformen:
Einzelrückstellung
Grundsätzlich erfolgt die Rückstellung im Rahmen einer Einzelbewertung.
Das lässt sich im Betriebsalltag allerdings nur dann umsetzen, wenn die Garantiefälle überschaubar sind.
Maßgeblich sind die Kosten, die Ihr Unternehmen aufwenden muss, um seine Gewährleistungspflichten zu erfüllen. Das sind die Vollkosten unter Berücksichtigung künftiger Preis- und Kostensteigerungen.
Praxis-Tipp
Verlangt der Kunde eine mangelfreie Nachlieferung, setzen Sie die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zuzüglich der Nebenkosten an. Der Gewinnaufschlag wird nicht berücksichtigt. Je mehr Garantiefälle, umso schwieriger wird es sein, alle Einzelfälle zu erfassen und zutreffend zu bewerten. In diesen Fällen ist dann eine Pauschalbewertung zulässig. |
Pauschalrückstellung
Diese ist insbesondere dann zulässig, wenn noch keine Gewährleistungsfälle vorliegen, Sie aber aufgrund der Erfahrungen Ihres Unternehmens in der Vergangenheit oder branchenüblich generell damit rechnen müssen, dass Kunden Gewährleistungsansprüche geltend machen.
Höhe der Rückstellung
Die Höhe der Rückstellung ermitteln Sie auf der Grundlage des am Bilanzstichtag vorhandenen garantiebehafteten Umsatzes. Das ist der Umsatz innerhalb des Zeitraums, für den Ihre Gewährleistungsverpflichtungen am Bilanzstichtag noch nicht abgelaufen sind.
Beispiel
Ihr Unternehmen hat für alle Werklieferungen Gewährleistungsverpflichtungen übernommen, wobei die Garantiefrist jeweils 2 Jahre beträgt. Die Höhe der Rückstellungen zum 31.12.2018 errechnet sich dann auf Basis des Umsatzes der Jahre 2017 und 2018.
Auf der Basis der Garantiefälle in der Vergangenheit ermitteln Sie Ihren betrieblichen Erfahrungssatz (Prozentsatz).
Beispiel
Nach Ihren Unterlagen verursachen die Garantieleistungen eines Jahres durchschnittlich 1 % Ihrer Jahreseinnahmen aus Leistungen und Lieferungen, für die Sie Garantie geben.
Konkret ermitteln Sie die Pauschalrückstellung in der Weise, dass Sie einen bestimmten Prozentsatz des garantiebehafteten Umsatzes ansetzen.
Beispiel
Aus den Auftragsunterlagen Ihres Unternehmens ergibt sich, dass ihm für Gewährleistungsverpflichtungen durchschnittlich Kosten in Höhe von 1,5 % des garantiebehafteten Umsatzes entstehen. Diesen Durchschnittswert legen Sie dann bei der Bildung der Rücklage zugrunde.
Angenommen, der garantiebehaftete Umsatz beträgt 5,8 Mio. €, dann bilden Sie eine Rückstellung in Höhe von 87.000 €.
Praxis-Tipp
• Stellen Sie sicher, dass Ihre Kollegen aus den Abteilungen Herstellung/ Verkauf/ Vertrieb alle Gewährleistungsverpflichtungen nach Art der Vorfälle und Höhe der Kosten detailliert erfassen. So entsteht mit der Zeit eine immer aussagekräftigere Dokumentation, die Ihnen als Grundlage für die Bildung der Rückstellung und als Argumentationshilfe bei einer Betriebsprüfung dienen kann. • Können Sie auf eine unternehmenseigene Dokumentation nicht zurückgreifen, ist es zulässig, branchentypische Erfahrungswerte zugrunde zu legen. |
Diese Umsätze zählen nicht mit
Folgende Umsätze dürfen bei der Ermittlung der Rückstellung generell nicht berücksichtigt werden:
- Umsätze, bei denen die Garantiezeit abgelaufen ist
- Umsätze, für die keine Garantieverpflichtung besteht, weil nicht Ihr Unternehmen als Händler, sondern der Hersteller die Garantie übernommen hat
- Umsätze, bei denen Ihr Unternehmen auf Subunternehmer Rückgriff nehmen kann
- Umsätze, für die eine (Produkthaftpflicht-)Versicherung besteht
Gewährleistungsverpflichtungen erstrecken sich oftmals über mehrere Jahre. Bereits erledigte Gewährleistungsfälle dürfen bei der Bildung der Rückstellung nicht berücksichtigt werden. Dies führt zu einer Staffelung des Prozentsatzes bei der pauschalen Rückstellung.
Beispiel: So ermitteln Sie die Garantierückstellung | |||
Angenommen, die vertragliche Garantiezeit beträgt 3 Jahre und der branchentypische Prozentsatz für die pauschale Rückstellung beträgt 1,5 %. Die garantiebehafteten Umsätze für die Jahre 2016, 2017 und 2018 stellen sich wie folgt dar: 2016: 560.000 €, 2017: 790.000 €, 2018: 630.000 €. Dann bilden Sie die Rückstellung wie folgt: | |||
Jahr | Umsatz | Prozentsatz | Betrag |
2016 | 560.000 € | 0,5 % | 2.800 € |
2017 | 790.000 € | 1,0 % | 7.900 € |
2018 | 630.000 € | 1,5 % | 9.450 € |
Rückstellung zum 31.12.2018 | 20.150 € |
Autor: Redaktion