Grafik mit einem Geldtransfer und der Aufschrift: Rückstellungen für Gewährleistungen

Gewährleistungsrückstellung bilden: Voraussetzung & Berechnung

Ihr Unternehmen muss als Hersteller bzw. Verkäufer dafür sorgen, dass innerhalb der gesetzlichen bzw. vertraglichen Garantiezeit der gelieferte Gegenstand (z. B. Fahrzeug) bzw. die erbrachte Leistung nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Nutzbarkeit des Gegenstands zu seinem gewöhnlichen oder vertraglich zugesicherten Gebrauch mindern. Kommen Sie dieser Verbindlichkeit nicht nach, stehen Ihren Kunden Mängelgewährleistungsrechte zu. Für diesen Fall können unter bestimmten Bedingungen Gewährleistungsrückstellungen gebildet werden. Doch was versteht man genau unter Rückstellungen für Gewährleistungen? Und wann dürfen Sie diese Form der Rückstellung bilden?
Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Gewährleistungsrückstellung?

Eine Gewährleistungsrückstellung stellt einen finanziellen Betrag dar, den ein Unternehmen beiseite legt, um potenzielle Kosten abzudecken, die in der Zukunft im Zusammenhang mit der Gewährleistung von Produkten oder Dienstleistungen entstehen könnten.

Eine Gewährleistungsrückstellung stellt somit sicher, dass ein Unternehmen in der Lage ist, seine Verpflichtungen gegenüber Kunden zu erfüllen, falls Produkte oder Dienstleistungen Mängel aufweisen oder nicht den zugesicherten Standards entsprechen.

Voraussetzung: Wann dürfen Rückstellungen für Gewährleistungen gebildet werden?

Gewährleistungsrückstellungen dürfen gebildet werden, wenn zum Bilanzstichtag hinreichend wahrscheinlich ist, dass eben diese Gewährleistungen auch von Kunden in Anspruch genommen werden. In diesem Fall dürfen Rückstellungen für eine drohende Inanspruchnahme aus Garantie- oder Gewährleistungsfälle in der Handelsbilanz und in der Steuerbilanz erfolgen.

Doch auch, wenn bereits Gewährleistungsansprüche entstanden sind, können Rückstellungen für Garantieleistungen gebildet werden. Sind Sie dagegen noch keinen Ansprüchen auf Gewährleistung ausgesetzt, setzt eine Rückstellung voraus, dass die Inanspruchnahme aus einer bestehenden Garantie zumindest ernsthaft droht.

Wann droht die Inanspruchnahme von Gewährleistungsrechten?

Theoretisch müssen Sie bei jedem Kunden damit rechnen, dass er seine Gewährleistungsrechte ausübt. Dieses drohende Risiko besteht allgegenwärtig bei jedem einzelnen Auftrag. Dieses allgemeine Risiko der Inanspruchnahme reicht allerdings nicht für die Vornahme einer Rückstellung für Garantieleistungen aus.

Vielmehr muss sich zum Bilanzstichtag konkret abzeichnen, dass ein bestimmter Kunde die Inanspruchnahme seiner Garantieleistungen wahrscheinlich nutzt.

Für die Bildung der Rückstellung spielt es keine Rolle, ob Sie gesetzlich oder vertraglich zur Gewährleistung verpflichtet sind. Doch wann genau gilt es jetzt, Rückstellungen für Garantie- und Gewährleistungen zu bilden?

Bilden Sie keine Rückstellung wegen Verpflichtung zur Erstattung des Kaufpreises, wenn am Bilanzstichtag nicht zu erwarten ist, dass Ihr Kunde vom Kaufvertrag zurücktritt. Das ist etwa dann der Fall, wenn Sie sich mit Ihrem Kunden noch in Gesprächen über die Art und Weise der Mängelbeseitigung befinden.

Gleiches gilt, wenn Ihr Kunde eine Minderung des Kaufpreises fordert und Sie mit ihm über die Höhe des Minderungsbetrags verhandeln. Bilden Sie in diesem Fall eine Rückstellung wegen Verpflichtung zur Minderung des Kaufpreises.

Für welche Verbindlichkeiten können Gewährleistungsrückstellungen gebildet werden?

Grundsätzlich können für folgende Verbindlichkeiten Gewährleistungsrückstellungen in der Bilanz erfolgen:

  • kostenlose Nacharbeiten,
  • Ersatzlieferungen,
  • Minderungen des Kaufpreises sowie
  • Erstattung des Kaufpreises nach Rücktritt vom Vertrag und Schadensersatzzahlung.

Welche Rückstellungsformen für Garantieleistungen gibt es?

Rückstellungen für Gewährleistungen werden noch einmal in zwei unterschiedliche Arten eingeteilt:

  • die Einzelrückstellung und
  • die Pauschalrückstellung.

Doch wann brauchen Sie welche?

Was ist eine Einzelrückstellung?

Grundsätzlich erfolgt die Rückstellung im Rahmen einer Einzelbewertung. Das lässt sich im Betriebsalltag allerdings nur dann umsetzen, wenn die Garantiefälle überschaubar sind.

Maßgeblich sind die Kosten, die Ihr Unternehmen aufwenden muss, um seine Gewährleistungspflichten zu erfüllen. Das sind die Vollkosten unter Berücksichtigung künftiger Preis- und Kostensteigerungen.

Verlangt der Kunde eine mangelfreie Nachlieferung, setzen Sie die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zuzüglich der Nebenkosten an. Der Gewinnaufschlag wird nicht berücksichtigt.

Je mehr Garantiefälle, umso schwieriger wird es sein, alle Einzelfälle zu erfassen und zutreffend zu bewerten. In diesen Fällen ist dann eine Pauschalbewertung zulässig.

Was ist eine Pauschalrückstellung?

Pauschalrückstellungen sind insbesondere dann zulässig, wenn noch keine Gewährleistungsfälle vorliegen, Sie aber aufgrund der Erfahrungen Ihres Unternehmens in der Vergangenheit oder branchenüblich generell damit rechnen müssen, dass Kunden Gewährleistungsansprüche geltend machen.

Wie berechnen Sie die Höhe der Gewährleistungsrückstellung?

Die Höhe der Rückstellung ermitteln Sie auf der Grundlage des am Bilanzstichtag vorhandenen garantiebehafteten Umsatzes. Das ist der Umsatz innerhalb des Zeitraums, für den Ihre Gewährleistungsverpflichtungen am Bilanzstichtag noch nicht abgelaufen sind.

Beispiel für die Berechnung der Gewährleistungsrückstellungen

Ihr Unternehmen hat für alle Werklieferungen Gewährleistungsverpflichtungen übernommen, wobei die Garantiefrist jeweils 2 Jahre beträgt. Die Höhe der Rückstellungen zum 31.12.2023 errechnet sich dann auf Basis des Umsatzes der Jahre 2022 und 2023.

Auf der Basis der Garantiefälle in der Vergangenheit ermitteln Sie Ihren betrieblichen Erfahrungssatz (Prozentsatz).

Nach Ihren Unterlagen verursachen die Garantieleistungen eines Jahres durchschnittlich 1 % Ihrer Einnahmen im Jahr aus Leistungen und Lieferungen, für die Sie Garantie geben.

Konkret ermitteln Sie die Pauschalrückstellung in der Weise, dass Sie einen bestimmten Prozentsatz des garantiebehafteten Umsatzes ansetzen.

Aus den Auftragsunterlagen Ihres Unternehmens ergibt sich, dass ihm für Gewährleistungsverpflichtungen durchschnittlich Kosten in Höhe von 1,5 % des garantiebehafteten Umsatzes entstehen. Diesen Durchschnittswert legen Sie dann bei der Bildung der Rücklage zugrunde.

Angenommen, der garantiebehaftete Umsatz beträgt 5,8 Mio. €, dann bilden Sie eine Rückstellung in Höhe von 87.000 €.

Stellen Sie sicher, dass Ihre Kollegen aus den Abteilungen Herstellung/ Verkauf/ Vertrieb alle Gewährleistungsverpflichtungen nach Art der Vorfälle und Höhe der Kosten detailliert erfassen. So entsteht mit der Zeit eine immer aussagekräftigere Dokumentation, die Ihnen als Grundlage für die Bildung der Rückstellung und als Argumentationshilfe bei einer Betriebsprüfung dienen kann.

Können Sie auf eine unternehmenseigene Dokumentation nicht zurückgreifen, ist es zulässig, branchentypische Erfahrungswerte zugrunde zu legen.

Welche Umsätze dürfen bei der Ermittlung der Gewährleistungsrückstellung nicht berücksichtigt werden?

Folgende Umsätze dürfen bei der Ermittlung der Rückstellung generell nicht berücksichtigt werden:

  • Umsätze, bei denen die Garantiezeit abgelaufen ist
  • Umsätze, für die keine Garantieverpflichtung besteht, weil nicht Ihr Unternehmen als Händler, sondern der Hersteller die Garantie übernommen hat
  • Umsätze, bei denen Ihr Unternehmen auf Subunternehmer Rückgriff nehmen kann
  • Umsätze, für die eine (Produkthaftpflicht-)Versicherung besteht

Beispiel: Wie ermitteln Sie die pauschale Garantierückstellung?

Gewährleistungsverpflichtungen erstrecken sich oftmals über mehrere Jahre. Bereits erledigte Gewährleistungsfälle dürfen bei der Bildung der Rückstellung nicht berücksichtigt werden. Dies führt zu einer Staffelung des Prozentsatzes bei der pauschalen Rückstellung.

Angenommen, die vertragliche Garantiezeit beträgt 3 Jahre und der branchentypische Prozentsatz für die pauschale Rückstellung beträgt 1,5 %. Die garantiebehafteten Umsätze für die Jahre 2021, 2022 und 2023 stellen sich wie folgt dar:

  • 2021: 560.000 €,
  • 2020: 790.000 €,
  • 2021: 630.000 €.

Dann bilden Sie die Garantierückstellung wie folgt:

JahrUmsatzProzentsatzBetrag
2021560.000 €0,5 %2.800 €
20222.800 €1,0 %7.900 €
2023630.000 €1,5 %9.450 €
Rückstellung zum 31.12.202320.150 €